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Am 12.07.2021 kam es zur Kernschmelze in der Piratenpartei. Die lapidare Meldung „aktuell sind unserer Verwaltungsserver nicht erreichbar“ entpuppte sich als die größte Untertreibung in der Piratenpartei Deutschland as ever.

Ich habe mich an dieser Stelle am 22.02.2022 schon einmal dazu geäußert.

 

Dieser GAU ist nun 606 Tage her. Außer dass man 61.000,00 EUR Budget für eine neue Mitgliederverwaltungssoftware bereitgestellt hat und bis Ende des 3. Quartals 2022 der Lieferant, eine „Fa. Grün“, irgendwie daran gearbeitet hat, ist wenig bis nichts passiert.

Bis Anfang 2023 wurde von den Verantwortlichen gelogen, dass sich die Balken biegen, angeblich stünde der Übergang in den Produktivbetrieb kurz bevor, ein teures Reallife-Verwaltungstreffen (wozu haben wir Server für Videokonferenzen?) würde angesetzt, um die Verwaltungsverantwortlichen der Gliederungen zu schulen. Ende März 2023 soll alles funktionieren.

Davon sind wir weit entfernt. Die Softwarefirma hat bis auf Weiteres die Arbeit eingestellt und widmet sich anderen Kunden und Projekten. Vielleicht findet sich ein Zeitfenster ab April 2023 und dann geht der ganze Kram von vorne los.

Meine Prognose: Vor Ende September 2023 läuft nichts. Welche Organisation kann sich so ein Desaster leisten?

Zumindest hat sich ein Generalsekretär der Bundespartei bemüht, sich einen Überblick über die funktionierende und die nichtfunktionierende Technik zu verschaffen. Mit Sicherheit dürfte der sehr lückenhaft sein, denn Dokumentationen sucht man so vergeblich, wie die Schlüssel.

Viele Hauptversammlungen und Aufstellungsversammlung der Gliederungen operieren mit händisch zusammengestellten Daten, die man als mehr oder wenig als geschätzt bezeichnen darf – also nicht diese Schätzung à la Mr. Spock. 😉 Eine Fundgrube für mögliche Anfechtungen.

Das Schätzen darf man getrost als lächerlich bezeichnen – ca. 5.900 Mitglieder kann man so nicht betreuen. Mein Angebot, zumindest die fehlenden Mitgliedsausweise zu drucken, die die Mitglieder so vehement fordern (ja, dieses teure Equipment ist bei uns vorhanden), wurde mit fadenscheinigen Argumenten (wie üblich) abgelehnt.

Das Image der Digitalpartei dürfte einen nicht wiedergutzumachenden Schaden erlitten haben.

Was auffällt, ist die offensichtliche „Machtlosigkeit“ des Bundesvorstandes der Piratenpartei, der sich mit ungeprüften Aussagen hat abspeisen lassen und fleißig irgendjemand Mails schreibt. Man stelle sich vor, auch andere Bereiche in dieser Organisation funktionieren so.

Kann nicht sein: Doch. Es wird noch schlimmer. Der vorherzusehende, starke Rückgang der Zahlungen aus der staatlichen Teilfinanzierung (fälschlich als Parteifinanzierung bezeichnet) reißt noch größere Löcher, die ohne Zuschüsse der Landesverbände nicht gestopft werden können.

Im Vorfeld der kommenden Sitzung des sogenannten „Schatzmeisterclubs“, einer Art Finanzausschuss, hat der verantwortliche Bundesschatzmeister verlauten lassen, dass die Überweisungen des Bundestags bekanntlich auf dem Konto der Bundespartei eingehen und er entscheide, wie viel davon weitergereicht wird, als gäbe es keine Satzung. Es sehe einer Klage mit großer Gelassenheit entgegen, zwingen könne man ihn zu nichts.

Letzteres ist richtig, denn ein Schiedsgericht kann keinen vollstreckbaren Titel ausstellen, mit dem man dann schlimmstenfalls pfänden gehen kann. Wie das in der Vergangenheit mit der Beachtung von missliebigen „Urteilen“ der Schiedsgerichte durch die Bundesvorstände gelaufen ist, kann man nachlesen.

Im Zuge dieser Affären hat der Bundesvorstand offensichtlich den gesamten Vorstand des Landesverbandes Baden-Württemberg abgesetzt und so wie man hört, von den Ressourcen der Bundespartei weitgehend ausgesperrt.

Dieser Akt wurde zunächst einmal von einem Schiedsgericht kassiert, jetzt streitet man sich um Befangenheit, Aktiv- und Passivlegitimation.

Ich würde mir wünschen, wenn endlich einmal (zumindest im Bundesvorstand) Leute wirken würden, die eine ausreichende rechtliche Vorbildung haben, sowie technisch und kaufmännisch versiert sind – also Menschen, die sich auskennen, anstatt eine solche Laientruppe, die eines sehr gut kann: Geld zum Fenster hinauswerfen und für die Schaden später nicht geradestehen wollen.