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Ach, Du fürsorgender Staat, die Einkommensschwachen lässt Du durch den Rost fallen, aber die Aktionäre dürfen nicht um ihre Anteile bangen.

Wenn sich ein Betrieb wie Uniper auf ein falsches Geschäftsmodell einlässt, ist das sein Problem, bzw. das Problem des oder der Eigentümer(s). Ich persönlich halte nichts von solchen „Stützungskäufen“.

Es gibt Ausnahmen, die liegen bei den sogenannten systemrelevanten Unternehmen. Hier muss der Staat eingreifen und dafür sorgen, dass es keinen Zusammenbruch z.B. der natürlichen Monopole der Infrastruktur wie Gasleitungen gibt.

Unabhängig davon muss man sehr genau prüfen, ob die hier überhaupt betroffen ist. Mir scheint es eher so, dass Uniper einerseits ein Erzeuger ist und andererseits ein Händler ist. Es ist nicht so, dass die Anlagen außer Kontrolle geraten sind, sondern lediglich der Gas- und Stromhandel, da sich z.B. die Rohstoffe verteuern. Das ist ein ganz normales Marktgeschehen, wer sich verkalkuliert, fliegt aus dem Markt.

Seit der Abspaltung von EON haben sich Aktionäre (auch der finnische Konzern Fortum – 50,8% im Staatsbesitz) eine goldene Nase verdient. Das geht dann auch mal anders.

Wenn es darum geht, den Liefer- und Produktionsbetrieb aufrechtzuerhalten, kann der Staat als Treuhänder oder als Unternehmer einsteigen. Das betrifft dann aber bitte nicht den Ausgleich der Fehlkalkulation der Verkaufspreise.

Natürlich kommt ein hoher Preis auch beim Kunden an. Aber wenn man das regeln will, muss man bei den Einkaufs- bzw. Entstehungspreisen eingreifen und dafür sorgen, dass es keine Übergewinne gibt.

Deckeln könnte man, wenn die weltweite Spekulation unterbunden wird. Wir sehen das gerade sehr schön, wie die Spritpreise durch die Decke gegangen sind, obwohl das überteuerte Öl noch gar nicht gefördert worden war – mal abgesehen vom Tanker.

Die Gaskrise trifft Deutschland nur so hart, weil die Infrastruktur nicht auf einen Ausfall der Lieferungen aus Russland eingestellt war. Dagegen hilft nur eine Diversifizierung des Netzes.

Bayern ist besonders in den Hintern gekniffen, weil es kaum Alternativen beim Ausfall des Gasstroms hat. Das Gas kommt idR. aus östlicher Richtung und der Speicher ist in Österreich (Haidach). Jetzt soll das Ölkraftwerk Irsching 3 aus der Reserve geholt werden. Das produziert aber kein Gas, nur Strom. Ob die Nordpipeline das ausgleichen kann, muss man sehen. MEGAL fließt die andere Richtung.[1]

Die Energiemix hat sich in Bayern verschoben. 2020 waren es 75.664 GWh, bei 39.587 GWh aus Erneuerbaren, aber schon 12.036 GWh aus Gas und kompensiert den Rückgang der Erzeugung aus Kernkraft, der Rest wird konventionell erzeugt und nicht zu vergessen 11.129 GWh aus Wasserkraft. Schreibt zumindest das Statistikamt.[2]

Beim Stromtransport kommt hinzu, dass die französischen Atomkraftwerke größtenteils ausfallen und Frankreich hohe Strommengen importieren muss, anstatt andersrum. Außerdem haben wir in Bayern keine Kleinverteilungsnetze und Speicher (außer 7 Pumpspeicherwerke mit 420 MW).

Unter dem Strich wird man den Ausfall von russischem Gas in Deutschland wohl irgendwie kompensieren können, es ist halt nur eine Zeit- und Geldfrage.

Ich würde sogar davon ausgehen, dass sich die Marktlage drastisch ändern wird, wenn über Northstream 1 und Yamal längere Zeit nichts mehr abgenommen wird und die russische Administration merkt, dass das Geld fehlt und China die Preise drückt. Dorthin müsste ohnehin Pipelinekapazität geschaffen werden, da die „Sila Sibria“ nicht ausreicht.

Aber was weiß ich denn.

Tl;dr

Diese Uniper-Übernahme kann man machen, aber die Rechnungen gehen bitte in die Insolvenzabwicklung.


[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Erdgaspipelines#Europa

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Erdgaspipelines#Europa

Grafk by Samuel Bailey (sam.bailus@gmail.com) (Wikipedia Commons)